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Auch unterschied sich dasselbe von der edlen Höhle dadurch, daß der Eingang genau nach Often anstatt nach Südosten gerichtet war. Bei der Christenverfolgung unter dem Khalifen Hakem 1010 wurde dieses Grab jedoch von den Muhammedanern zerstört und seitdem ist es durch einen künstlichen Marmorbau erfeßt worden, in dem man nur zu verschiedenen Zeiten einzelne Stücke des rauhen Felsens bald an dieser, bald an jener Stelle der Grabhöhle angebracht hatte, um den Pilgern wenigstens Theile des angeblich in dem Marmorbau verhüllten natürlichen Grabes zur Verehrung darzubieten. Bei einer Erneuerung dieses Grabdenkmales im J. 1555 soll man in dem Lager Christi unter der obern Deckplatte ein Stück vom Kreuze Chrifti, eingehüllt in ein halbver modertes Leintuch, und daneben ein Pergamentstück mit einer fast verblichenen Schrift gefunden haben. Vielleicht waren diese Reliquien schon in dem ältern Felsengrabe niedergelegt worden, um dadurch die Nachbildung der unzugänglich gewordenen Anastasis zu einem wahren und völlig würdigen Heiligthume zu erheben.

Dieses Grabmonument wurde nun von einer Rotunde umschloffen, die genau so groß war, wie die des Felsendoms, und ebenso wie diese, aus vier Pfeilern und zwölf Säulen bestand. Nur die Orientirung war ver ändert, was sich aus der Lage des Einganges zum Grabe erklärt. Denn die Pfeiler standen hier nach den vier Himmelsgegenden, während der Felsendom in dieser Richtung die Säulenarkaden hat. Die Säulen waren schlechte Nachbildungen der korinthischen Ordnung, die Pfeiler aber waren von Thoren durchbrochen und also zu Doppelpfeilern geworden, was sich leicht aus der veränderten Orientirung erklärt. So ist also hier die Nachbildung des Felsendoms offenbar. Wollte Jemand etwa dem Gedanken Raum geben, daß der Felsendom, ungeachtet seines verhältnißmäßig trefflichen Style, umgekehrt die Anastasis des jeßigen heiligen Grabes zum Muster genommen haben könne, so ist daran zu erinnern, daß der Umfang der Rotunde in dem Felsendom durch die Größe der Sachra bedingt ist, während derselbe in der jeßigen Grabeskirche ganz von dem Belieben des Baumeisters abhing. Die völlige Gleichheit des Durchmessers beider Bauten findet also nur darin eine Erklärung, daß die Rotunde der jeßigen Grabeskirche eine auch dem Maße nach genaue, absichtliche Nachahmung der Rotunde des Felsendoms ist.

Die Rotunde der Grabeskirche ist endlich von einem Umgange umgeben, der jezt nur die westliche Hälfte derselben umfaßt, aber zu Arculph's Zeit auch auf der Oftseite fortgesezt war. Jene westliche Hälfte des UmJene westliche Hälfte des Umgangs ist unregelmäßig ecig 32), sodaß sie ebenfalls eine schlecht ausgeführte Nachahmung des Octogons des Felsendoms zu sein scheint. Sie ist aus dem Felsen gehauen und enthält drei Nischen nach Norden, Westen und Süden. Arculph's Plan verzeichnet noch einen zweiten äußern Umgang, der ebenfalls theilweise in einem

32) Borstell's Grundriß in Tobler's Topographie von Jerusalem, und danach bei Unger S. 88.

über dem erstern befindlichen Umgange erhalten zu sein scheint. Dieser ganze Bau hatte zweimal vier Ausgänge nach Nordost und Südost, welche den beiden Colonnaden der östlichen Hälfte der Rotunde entsprachen. Gegen Osten, dem Eingange der Grabhöhle gegenüber, war die Anastasis geschlossen, indem hier sich ein Altar befand, der aus der einen Hälfte des Steins, welchen der Engel vom Grabe Chrifti abgewälzt hatte, gemacht sein sollte. Die andere Hälfte dieses Steins, ebenfalls zum Altar eingerichtet, lag in dem Eingange zur Grabhöhle.

Deftlich von der Anaftafis liegt die Helenakapelle, welche nach dem Gesagten für die Basilika_des_Conftantin galt. Die Wände derselben sind aus dem Felsen gehauen, da man sie etwa 12' tiefer gelegt hat, als den Boden der Anastasis und das Katholikon, vermuthlich, um auch darin das Verhältniß der Basilika gegen die Terraffe des Felsendoms beizubehalten. Im Uebrigen ist die Helenakapelle ein einfacher byzantinischer Bau von quadrater Form mit einer Kuppel in der Mitte. Die vier Träger der Kuppel theilen die Kapelle in neun Abtheilungen, welche drei Schiffe bilden, von denen zwei mit kleinen Chornischen oder Apsiden_auf_der Ostseite enden, während das dritte, südliche Schiff in die Kapelle der Kreuzeserfindung führt. Der Bau ist also nachh einem sehr vereinfachten Systeme, etwa wie die Cattolica zu Stilo in Calabrien, aufgeführt. Zur Zeit der Kreuzfahrer war sie verfallen, und es standen nur die vier dicken und gedrungenen triefenden Säulen, von denen man glaubte, daß sie beständig über das Leiden Chrifti weinten. Bei der Herstellung dieser Kapelle ist nur über dem Mittelraume eine Kuppel aufgeführt; den übrigen Theil derselben bedeckt die Terrasse des armenischen Klosters. Zu den Seiten der Treppe, welche aus dem Katholikon herabführt, liegen zwei Gemächer, die einigermaßen dem Narther der griechischen Kirchen entsprechen.

Was die Anlage der noch tiefer liegenden Kapelle der Kreuzeserfindung veranlaßt haben mag, ist ebenso wenig zu krmitteln, als das Verhältniß der Golgathakapelle zu dem Constantinischen Bau. Die Marienkirche dagegen scheint wieder nach der Analogie von Juftinian's Theotokos auf der Südseite der Grabeskirche angelegt zu sein. Sie hatte in älterer Zeit nicht unbeträchtliche Besizungen im Thale Josaphat, und es läßt sich denken, daß dies alte Besizungen der Theotokos gewesen sein mögen.

b) Wandlungen des Baustyls.

Die Kirchenbauten, welche nach bestimmter historis scher Ueberlieferung oder aus Wahrscheinlichkeitsgründen in die Periode von Bafilius Macedo bis zur Erftürmung Constantinopels durch die Lateiner zu sehen sind, zeigen gewisse Veränderungen des Styls, die man im Allgemeinen als eine Verweltlichung desselben bezeichnen kann, und in denen sich daher die Folgen des Bilderstreites und des verfallenden Staatslebens kund geben. Basilius Macedo entwickelte allerdings noch eine Thätigkeit für Errichtung, Herstellung und Ausschmückung von Gotteshäusern, die nicht hinter der für Erweiterung des Pa

lastes zurückstand. Aber obgleich wir weder Ueberreste derselben, noch auch nur genaue Berichte über sie befißen, so laffen doch einzelne Andeutungen schon erken nen, daß ihre Form nicht mehr ganz die alte war. Um so wichtiger ist eine Reihe von erhaltenen Kirchenbauten, welche uns vollständig über die spätere Gestaltung des byzantinischen Styls belehren.

c) Denkmäler.

aa) Constantinopel.

(Kirche des Lips.) Vor Allen gehört dahin die Kirche im Dschir Dschir mahalesst zu Constantinopel, welche für die von dem Patrizier Constantin Lips erbaute oder wenigstens erneuerte Klosterkirche gilt, und daher als Kirche des Lips, nový rov Aẞos, εÓTOXOS Tov Aißos, bezeichnet wird. Constantin Lips hat zur Zeit Leo's des Philosophen und des Conftantin Porphy rogenitus gelebt. Unter dem legtern fiel er in einer Schlacht gegen die Bulgaren 33). Danach bestimmt sich das Alter der Kirche. Diese wurde später dem Islam geweiht, und ist jeßt, wahrscheinlich in Folge eines Brandes, verlassen. Sie ist zuerst von Albert Lenoir 34) ge zeichnet und beschrieben, dann aber richtiger und vollständiger mit einigen neuerdings vorgenommenen Verände rungen von Salzenberg 35).

Diese Kirche zeichnet sich besonders durch zierliche und reiche Formen aus. Da fie an einem Hügelabhange liegt, so führt eine schmale Rampe zum Eingange des Narther hinauf. Die Façade ist zu beiden Seiten des Eingangs mit Säulenarkaden geziert, welche den Eronarther zu einer offenen Halle machen, und an den Enden der Façade sind noch zwei Ziernischen angebracht. Ueber der Thür befindet sich in einem aufsteigenden vieredigen Mauerstück ein halbkreisförmiges Fenster und zu beiden Seiten erheben sich über den Säulenarkaden und den Ziernischen je zwei flachrunde Giebel, welche eigenthümlich gruppirte Fenster enthalten. Auch die Seitens wand des Eronarther ist durch eine Nische geziert und der Seiteneingang auf der Südseite hat eine in ähnlicher Weise geschmückte Vorhalle, die außer dem Durchgange noch eine Verbindung mit dem Eronarther enthält. Eine kleine Kapelle an der Ostseite dieses Vorbaues, deren Apsis in der Fortsetzung der östlichen Kirchenwand liegt, scheint durch einen spätern Einbau hergestellt zu sein.

Ueber der Façade erheben sich auf Lambours drei Kuppeln, eine kleinere über der Mitte des Eronarther und zwei größere an den Enden des innern Narther, der ungewöhnlicher Weise nicht rechteckig ist, sondern mit Halbkreisnischen auf beiden Seiten schließt. Eine niedrige Kuppel über der Mitte des innern Narther tritt in der Außenansicht nicht merklich hervor.

Auch die Chorseite ist in ähnlichem Geiste behandelt. Sie ist äußerlich fünfseitig geschloffen, und alle

33) Du Cange, CP. christ. 4, 2. §. 26. p. 92. 34) In Gailhabaud, Monuments anciens et modernes. T. 2 und in Lenoir, Architecture monastique, wo die Kirche nur als Théotokos bezeichnet wird. 35) Christt. Baudenkm. Bl. 34. 35.

fünf Seiten bilden gleichsam eine polygone Arkade, indem jede Seite ein Fenster hat, welches die ganze Breite einnimmt und nur durch Säulen von den Fenstern der anstoßenden Seiten getrennt ist 36).

Im Innern entfaltet dieser Bau eine besondere Eleganz, und man hat dabei offenbar ältere Baurefte benußt, denn im Narther sollen zahlreiche antike Säulen aufgestellt sein, und verschiedene Kapitelle erinnern an die ravennatischen aus Justinian's Zeit, sodaß auch diesen mit einiger Wahrscheinlichkeit ein höheres Alter beigelegt werden kann. Daneben kommen aber auch neue und ungewöhnliche Formen vor, wie z. B. Säulenfüße, die aus mehreren Ringen zusammengesezt sind 37). Eigenthümlich ist endlich die Anordnung der Prothesis und des Diakonikon. Es sind Kapellen, ähnlich denen der lycischen Kirchen, mit vier kleinen Apfiden. Hier tritt aber auch nicht einmal die öftliche äußerlich hervor, sondern wird nur durch zwei Mauereinschnitte angedeutet, ähnlich denen, welchen wir noch an armenischen Bauten begeg= nen werden.

(Kirche des Pantokrator.) Ein sehr eigenthümlicher Bau aus der Zeit der Comnenen ist die Klosterkirche des Pantokrator, jeßt die Kiliffe Dschami. Sie wurde von der Kaiserin Irene, Gemahlin des Johannes Comnenus, errichtet, und Manuel erhielt in einem besondern Heroum rechts vom Eingange sein Grab, welches mit dem Stein bedeckt wurde, auf dem Christi Leichnam gefalbt sein sollte, und den Manuel selbst von Ephesus herübergebracht und auf seinem Rücken vom Bukoleon bis in das Oratorium des Pharus getragen hatte 38).

Die Kiliffe Dschami ist ein Ziegelbau in drei Abtheilungen. Die mittlere hat zwei Kuppeln und eine Apsis und ist vermuthlich jenes Heroum gewesen. Die nördliche und südliche Abtheilung haben die gewöhnliche Einrichtung byzantinischer Kirchen mit einer Kuppel, Bema und Apsis. Die nördliche Kirche scheint für die Mönche des Klosters und die südliche für das Volk bes stimmt gewesen zu sein. Von dem innern reichen Marmorschmuck, den Gyllius noch bewunderte, ist Nichts mehr vorhanden, außer dem schönen Mosaikfußboden, der jedoch jest zum Theil unter Teppichen verborgen liegt. In dem Marmormosaik desselben find kleinere Felder mit Glasmosaik eingefügt, und es enthält unter andern ein zierliches Rankenornament und figürliche Darstellungen, die, wie es scheint, die Thaten des Herkules darstellen. Ein Sarkophag aus Verde antico, der für den Sarg der Kaiserin Irene gilt, steht jezt vor dem westlichen Eingange und dient als Wasserbecken für die Waschungen der Muselmänner 39).

Auch diese Kirche ist für die Außenansicht reicher, als es sonst üblich war, geschmückt. Die Façade ist mit blinden Arkaden geziert. Die drei Chornischen sind äußerlich mit fieben Flächen geschlossen und die Nebenapfiden mehr als gewöhnlich für die Außenansicht hervorgehoben.

36) Lenoir, Archit, Monast. 1, 278. No. 184. 37) Gailhabaud, Église de Théotokos. Details Pl. 3. fig. 2-6. 38) Nicetas, De Man. Comn. 7, 7. ed. Bonn. p. 289. 39) Sal zenberg S. 119-122 und Bl. 36.

Ein besonders gefälliges Ansehen erhält die öftliche Anficht dieser dreifachen Kirche dadurch, daß die Chornische der südlichen für das Volk.bestimmten Abtheilung mit sehr zierlichen schlanken Nischen' geschmückt ist 40).

bb) Das übrige Griechenland.

(Athen.) Von ähnlicher Beschaffenheit, am meis sten mit der Kirche des Lips übereinstimmend, sind mehrere von den Kirchen, welche in andern Theilen von Griechenland bekannt geworden sind. Unter den Kirchen von Athen gehört vielleicht nur die Kirche des heil. Niko demus (Panagia Lykodimo) in diese Periode, wenn sie nicht etwa noch älter ist. Sie schließt sich noch einigers maßen dem System der Sophienkirche im Innern und dem Aussehen der kleinen Aja Sofia im Aeußern an 41). Alle andern atheniensischen Kirchen dagegen haben be reits Giebelfronten, die erst durch fränkische Einflüsse eingeführt zu sein scheinen, und deshalb erst in die Periode der lateinischen Herrschaft zu seßen sind.

(Morea.) In Morea gehört hierher die Kirche der Mutter Gottes zu Mistra in ihren ältern Theilen 42) und die des Klosters Vurkano 48).

(Salonichi.) Besonders wichtig sind aber zwei Denkmäler in Salonichi, kleinere Moscheen, welche nach Inschriften ursprünglich Kirchen aus der Zeit der macedonischen Dynastie waren. Das eine ist die Kasandschilar Dschamissi oder die Kirche des Bardias. Sie wurde im 3. 987 von dem Protospatharius Basilicus aus einem Profanbau in eine Kirche der Theotokos unter Anrufung des heil. Bardias, seiner Frau und ihrer Kinder Nicephorus und Anna umgewandelt. Dem Styl der Zeit entsprechen die vier Säulen, welche die Kuppel tragen, die niedrigen Kuppeln über den Edräumen und die Vers zierung der Façade durch concentrische, über einander vorspringende Bögen 44).

Die andere Moschee ist die Sarali-Dschamiffi, ehemals dem heil. Elias geweiht. Sie hat auf zwei Steinen die Jahrzahl 6562, d. i. 1012 n. Chr. Geb. Die Form dieser Kirche ist die seltene eines Trikonchos, indem auf der Nord-, Oft- und Südseite die Kuppel von drei großen Apfiden gestüßt wird, die im Innern halb kreisförmig sind, nach Außen aber fünfseitig hervortreten und eine mehrfache Bordure aus Ziegelstein haben. Außerdem unterscheidet sich die Sarali-Dschamisst von allen andern Kirchen auf griechischem Boden durch den quadraten Narther und das niedrige spiße Zeltdach über dem ungewöhnlich hohen Tambour 45). Diese Formen find nicht ganz dem byzantinischen Bausystem fremd; sie begegneten uns in den Palastbauten des Bafilius. Allein für Kirchenbauten sind sie sehr auffallend, und Terier bemerkt, namentlich in Beziehung auf den Trikonchos, daß nicht einzusehen sei, wie sich diese Form mit den

40) Salzenberg S. 120 und Bl. 36. 41) Couchaud, Choix d'églises Byzantines en Grèce (Paris 1842) pl. 11. 12. 13. \ 42) Daf. pl. 21-25. 43) Blouet, Expédition scientifique 44) Texier et Pullan, 45) Daf. p. 164.

de Morée. Atl. T. 1. pl. 19. 20. 21. Archit. Byzant. p. 162. pl. 50. 51. pl. 52-55.

Anforderungen des griechischen Ritus vertrage. Wir werden dieselben Formen später in Armenien kennen lernen, und es wird sich zeigen, daß sich dieselben wahrscheinlich von da aus in die Donauländer und vermuthlich auch nach Macedonien und Thracien verbreitet haben.

Bemerkenswerth sind die Säulen, welche in den Kirchen des Bardias und des Elias vorkommen. Allem Ansehen nach stammen dieselben aus ältern, zum Theil vielleicht antiken Gebäuden her, und daher erklärt sich vermuthlich auch die in beiden vorkommende Anwendung reich verzierter Kapitellkämpfer. Man könnte sich jedoch auch darin den ältern Kirchen haben anschließen wollen. Eine dritte Moschee, die Souk-Su Dschamisst, ursprünglich die Apostelkirche, hat keine Inschrift, durch welche ihr Alter bestimmt werden könnte. Terier seht ste schon in das 7. Jahrhundert, obgleich sie noch im Anfange des 10. nicht unter den bemerkenswerthen Kirchen von Thessalonika aufgeführt wird, während sie doch ziemlich ausgezeichnet ist. Sie gleicht aber in Anlage und Styl in hohem Grade der Kirche des Lips, in mancher Beziehung_jedoch auch_den früher erwähnten kleinasiatischen Kirchen. Was sie besonders auszeichnet, sind der durch Säulenarkaden geöffnete Narther, die vier Kuppeln über den Eckräumen und die rundbogigen Giebelfelder. Die Kapitelle der Säulen find den korinthischen nachgebildet und scheinen einigermaßen denen des teutschen Uebergangsstyles ähnlich zu sein. Eigentliche Kapitells kämpfer scheinen sie nach den vorliegenden Zeichnungen nicht zu haben, obgleich Terier von einem Monogramm an den Dosserets spricht. Der Bau ist, wie die meisten Kirchen dieser Zeit, mit wechselnden Lagen von Hauftein und Ziegeln aufgeführt. Nur die Offseite mit den drei Apsiden ist ebenso wie die Eliaskirche ganz von Ziegeln erbaut, und diese bilden ähnlich wie an dem Trifonchos der leßtern, aber nur noch reicher, eine ge"schmackvolle Verzierung von mäanderartigen Bändern 46).

cc) Unteritalien.

(Sta. Maria maggiore di Siponto.) In diese Periode gehört in Untcritalien die Kirche Sta. Maria maggiore di Siponto, einst die erzbischöfliche Kathedrale der seit sechs Jahrhunderten verlassenen Stadt Siponto in der Capitanata 47). Ein älterer Bau, dem wahrscheinlich die schon früher besprochene Krypte angehört, wurde im Anfange des 12. Jahrhunderts wiederhergestellt und von Papst Paschalis II. bei Gelegenheit des 1117 in Siponto abgehaltenen Concils geweiht. Von dieser Erneuerung rühren ohne Zweifel die Ringmauern her, über denen im 16. Jahrhundert eine neue Kirche aufgeführt wurde. Sie zeigen auf der Westfronte einen Schmuck von blinden Arkaden, der ähnlich auch bei den constantinopolitanischen Kirchen aus dieser Zeit vorkommt, hier jedoch manches Eigenthümliche hat, was auf eine Verwandtschaft mit toscanischen Bauten hindeutet und aus den Handelsbeziehungen zu Pisa erklärt werden

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kann. Die spizbogigen Gewölbe im Innern gehören unstreitig dem spätern Bau an.

(Grabkapelle des Boemund.) In dieselbe Zeit gehört die Grabkapelle des Boemund (geft. 1111) bei S. Sabino zu Canosa in der Provinz Bari. Sie besteht aus einem quadraten Unterbau, dessen Außenseiten mit blinden Arkaden geschmückt sind, und einem octogonen Auffaz, der an den Ecken mit Säulchen besetzt und von Fenstern durchbrochen ist und eine zugespigte Kuppel trägt 48). Ganz ähnlich ist die Taufkapelle S. Giovanni Battista zu Ascoli im Kirchenstaate, wo der Uebergang zum Achteck durch Ecknischen in dem Unterbau vermittelt wird 49).

d) Charakter des Baustyls.

In dem Styl dieser Kirchen bemerkt man nun das Streben, die strengen Formen der altbyzantinischen Archis tektur durch gefälligere, minder schwerfällige und reichere Formen zu verdrängen. Die Angriffe der Ikonoklasten waren der Hauptsache nach gegen die trübe Mystik und die mönchische Dumpfheit der byzantinischen Kirche ge= richtet, und wenn sie schließlich auch nicht zum Siege führten, so blieben ste doch keineswegs erfolglos. Es schwand der Sinn für großartige Entfaltung des Kirchenbaues. Während aber doch das System der Anlage im Ganzen unverändert blieb, wurden die einzelnen Glieder schlanker und schmuckreicher. Schon die äußere Ansicht der Kuppeln zeigt diesen Charakter. Die Zahl derselben wird häufig vermehrt, indem kleinere Kuppeln über den Ecfräumen die Hauptkuppel umgeben und Kuppeln über dem innern und äußern Narther die Façade zieren, wobei durch verschiedene Größe und Höhe der Kuppeln eine gefällige Gruppirung erzielt wird. Sämmtliche Kuppeln ruhen auf cylindrischen oder polygonen Trommeln oder Tambours. Die innere Kuppel ist eine volle Halbfugel, die sich auf einem Cylinder erhebt und gegen die Pen dentifs, von denen sie getragen wird, verhältnißmäßig flein erscheint. Das Gewölbe nimmt daher das Ansehen einer großen Kuppel an, auf deren Mitte eine kleine überhöhte Kuppel, wie eine Laterne, eingefügt ist. Die Fenster liegen in der Trommel und schneiden meist noch in die Kuppel ein. An der Außenseite werden sie aber von Halbsäulen und Rundbögen eingefaßt. Auf diesem Bogenkranze des Tambours ruht das flache Kuppeldach, wie eine Rosette. Nur bei der Kirche des Lips hat die fleinere Kuppel über der Mitte des Eronarther eine Trommel, die mit horizontalen Gefimsen abschließt. Die Trommel ist schon der Fenster wegen gewöhnlich äußers lich polygon, und die häufig vorkommende zwölfseitige Form derselben mag auf der alten Tradition über die zwölf Säulen am heiligen Grabe beruhen. Bei der Kirche des Lips ist nur die Hauptkuppel zwölfseitig, die Kuppeln des Narther dagegen sind achtseitig.

Ueber den Kuppeln findet man bei den noch ers haltenen Bauten keine weitere Bedachung, als daß sie mit Ziegeln belegt find: Nur ausnahmsweise scheinen pyramidenförmige Dächer vorgekommen zu sein. Ueber

48) Das. 1, 60. Taf. 9. Fig. 3. 49) Das. 2, 3. Taf. 51.

dem Altar und dem Ambo haben wir sie allerdings schon in der Sophienkirche zu Constantinopel kennen gelernt, über Altären sieht man sie auf den Bildern des vaticanischen Menologiums, und unter den Bauten des Theophilus wird die Porphyra als ein viereckiger Bau mit einem solchen Dache beschrieben. Auch die pyramidenförmigen Häuser, welche unter den Palastbauten des Bafilius Macedo erwähnt werden 50), mögen nichts Anderes gewesen sein. Aber schon diese Erwähnungen beweisen, daß eine solche Form selbst bei Profanbauten nicht gewöhnlich war. Auf das Außergewöhnliche des Zeltdachs der Eliaskirche zu Salonichi haben wir bereits hingewiesen..

Auch auf den Schmuck der Façade wird hin und wieder größere Sorgfalt gewandt. Mehrere Kirchen find mit blinden oder offenen Arkaden geziert. In der Regel besteht jedoch der ganze Schmuck nur in wechselnden Lagen von weißlichen Marmorquadern und sehr dünnen Backsteinen, die gewöhnlich horizontal liegen und nur in den Fensterbögen andern Richtungen in den Linten des Keilschnittes folgen. Zuweilen, wie z. B. in Salonichi und ähnlich an den Mauern der serbischen Festung Semendria, werden auch durch den Wechsel und die verschiedenen Lagen von Bruchstein und Ziegel geschmackvolle Muster und selbst Inschriften hergestellt 51). Auch die Mörtellager zwischen den Ziegeln werden dabei als Schmuck benußt, da sie nicht nur eine beträchtliche Dicke von 12-2 Zoll zu haben pflegen und schon dadurch den Farbenwechsel erhöhen, sondern auch zuweilen noch einen Zierrath von aufgedruckten Zickzackmustern oder Mäandern erhalten. Dieser Wechsel des Materials findet sich bei allen spätern Bauten in Constantinopel, namentlich auch an den Stadtmauern, von denen ein Theil nach den an Mauern und Thürmen erhaltenen Inschriften 52) noch von Theophilus herrührt, und sogar an den innern Wänden der Cisternen. In der Cisterne Bin bir direk wechseln je fünf Reihen Quader mit fünf Reihen Ziegel 53). Man betrachtet diese Bauart gewöhnlich als eine Eigenthümlichkeit der spätern byzantinischen Architektur. Indeffen war sie bekanntlich schon bei den Römern vor der Theilung des Reichs beliebt, und daß man sie an den Bauten Justinian's in Constantinopel nicht findet, hat vielleicht nur feinen Grund darin, daß man hier auch am Aeußern den reichern Schmuck der Marmorbelegung vorzog, der allerdings nicht mehr erhalten ist. Die Kirche der heil. Irene hat den Wechsel von Marmor und Ziegeln fogar in einer besonders ausgezeichneten Weise mit verzierten Mörtelstreifen, und es ist mindestens sehr mislich, gerade hierin den Beweis finden zu wollen, daß die jeßige Kirche nicht mehr die Juftinianische, sondern das Ergebniß einer spätern Erneuerung sei. Ebenso ist der hier und da vorkommende Wechsel von schlichten und über Eck gestellten Ziegellagen an Gesimsen und besons

Mittheil, der f. f. Gentral Commission 6, 312, wo eine Probe 50) Theophan. Contin. 5, 83. 51) Essenwein in den in Holzschnitt gegeben ist. 52) v. Hammer, Constantinopolis und der Bosporus 1, IV-X. 53) Andreossy, Voyage à l'embouchure de la mer noir p. 251. pl. 7.

ders an der Bogenfrönung der Hauptkuppeln keine Neuerung 54). Wir haben ihn bereits an den ravennatischen Bauten kennen gelernt.

Im Ganzen waren diese Bauten von keinem großen Umfange. Die noch vorhandenen Kirchen sind so klein, daß Lenvir bei der Publication des Grundrisses der Kathedrale von Athen in dem Maßstabe Meter anstatt Fuß seßen zu müssen glaubte, da er bei undeutlicher Erinnerung einen so kleinen Maßstab für unmöglich hielt und deshalb einen Irrthum in seinen Notizen vermu thete 55). Die Kleinheit der Kirchen machte es nun auch möglich, im Innern ein minder schwerfälliges Constructionssystem anzuwenden. Die Pendentifs, welche die Hauptkuppel stüßen, werden entweder alle vier, wie in der Kirche des Lips und ehemals in der nördlichen und südlichen Abtheilung der Kirche des Pantokrator, oder wenigstens zwei derselben von starken Säulen getragen. Im leztern Falle schmücken die Säulen gewöhnlich den Eingang des Chors auf der Oftseite. In der Klosterkirche zu Vurkano im Peloponnes tritt jedoch das Entgegengeseßte ein, da hier die Chorschranke zugleich die öftlichen Träger bildet, und deshalb die Säulen nur die westliche Hälfte der Kuppel stüßen 56). Den Seitenschub nehmen dafür die stärkern Tonnengewölbe auf, welche die Kuppel auf allen vier Seiten so umgeben, wie wir es früher schon an der Demetriuskirche zu Salonichi gesehen haben 57). Dagegen fallen die Arkaden zwischen den Pfeilern sammt den Emporen aus. Die Frauen ers halten dafür ihren Plaß in den Seitenschiffen, weshalb die Kreuzflügel öfters besondere Eingänge haben.

Auch die Chornische erhält eine reichere Ausstattung, indem man zwischen den Fenstern Säulen und über denselben eine Reihe von blinden Nischen anbringt. Einiges mal werden trifonche Kirchen erwähnt. Wir trafen diese Form in dem Palastbau des Theophilus und an der Eliaskirche zu Salonichi an.

Ein Mittel zur Erreichung größerer Eleganz ist die theilweise Rückkehr zu antikisirenden Formen, nament lich bei den Kapitellen, die eine langgestreckte Kelchform nach Art der korinthischen und compositen Ordnung annehmen. Der Blatt- und Volutenschmuck nähert sich wieder mehr antiken Mustern. Die Säulen selbst erhielten dagegen vielfältig eine reich skulpirte Ornamentirung, welche die Stämme mit Weinlaub und Thierfiguren, oder geometrischen Mustern überzog. Wir haben die Beispiele davon in dem Kainurgion des Bafilius Macedo fennen gelernt. Schraubenartig gewundene Säulen begegnen uns mehrfach in griechischen Miniaturen, namentlich in dem Menologium der vaticanischen Bibliothek. Dagegen gereichte es nicht eben zur Verschönerung der Kirchen, daß man die Außenwände jeßt nicht selten mit halbkreisförmigen Giebeln krönte, welche den Tonnen

54) Couchaud, Choix d'églises Byzantines en Grèce (Paris 1842) pl. 25. fig. 8. 55) Gailhabaud, Monumens anciens et modernes. T. 2. Didron in Annales archéol. 1, 43. note 1. 56) Blouet, Expédition scientifique de Morée. Architecture. T. 1. pl. 21. 57) Stauffert in Förster's Allgem. Bauzeitung. Jahrg. 15. (Wien 1850.) S. 150.

gewölben entsprechen. Die Façade erhielt zuweilen eine Reihe von solchen Giebeln, wie wir z. B. bei der Kirche des Lips gesehen haben. Auf den griechischen Inseln findet man kleine einschiffige Kirchen, welche durch die Giebelabschlüsse des einzigen Tonnengewölbes, mit dem sie gedeckt sind, das Ansehen von Koffern oder Särgen erhalten. Kirchen mit horizontal abgeschlossenen Mauern, hinter denen die Nebenräume sich sämmtlich verbergen und nur die Hauptkuppel sichtbar bleibt, wie bei der Kirche des Sergius und Bacchus, werden immer seltener. Die Kirche in dem Duartier der Bäder in Constantinopel ist noch ein Beispiel davon 68), das sogar vielleicht erst der Zeit nach der Errichtung des lateinischen Kaiser= thums angehört.

Diese leichtere, elegantere Architektur nähert sich den üppigen Formen der arabischen Bauten, wie das namentlich an den Kapitellformen wahrzunehmen ist. Man pflegt deshalb anzunehmen, daß die Veränderungen in dem byzantinischen Styl wenigstens zum Theil auf einer Rückwirkung der arabischen Kunst beruhen. In der That ließ sich schon Theophilus von dem Johannes Grammaticus, der als Gesandter bei dem Khalifen Moctader von Bagdad durch sein imponirendes Auftreten eine entgegen kommende Aufnahme gefunden hatte, bewegen, seinen Sommerpalast Bryos ganz nach dem Muster eines sarazenischen Schlosses sowol in der Anordnung, als in der Ausschmückung auszuführen. Ausschmückung auszuführen. Nur eine Marienkirche neben dem Schlafzimmer und eine Kirche im Vorhofe, die ähnlich wie die Kirche in den Blachernen, ein Tris konchos war, unterschied den Palast Bryos von seinem Vorbilde 59). Allein im Ganzen dürfen wir wol eher annehmen, daß die üppige Architektur der Araber eine weitere Entwickelung der spätern griechischen Architektur gewesen sei, zumal da die griechischen Formen den antiken doch weit näher stehen und eine Aufnahme der besondern muhammedanischen Manieren nirgends wahrzunehmen ist. 3) Bildende Künste.

a) Skulptur.

Den Werken der Bildhauerkunst waren die Geschicke von Byzanz Nichts weniger als günstig. Von dem reichen Schaze antiker Vorbilder, den Constantin in seiner neuen Hauptstadt zusammengebracht hatte, ging ein großer Theil früh durch wiederholte Unglücksfälle zu Grunde. Schon die Erdbeben von 447 und 480 hatten viele Statuen umgeworfen und zertrümmert. Die Sammlung in der alten Sophienkirche ist wahrscheinlich schon vor Justi nian's Zeit untergegangen, und die großen Brände bei dem Nikaaufruhr vernichteten mit dem Zeurippus und dem Senatsgebäude vielleicht das Werthvollste, was die Hauptstadt an antiken Bildwerken besaß. Neue Feuersbrünste legten im J. 726 die Bibliothek 6o) und im J. 790 das Triclinium Thomaitis im Palaste des Patriarchen 61) in Asche. Große Verwüstungen wurden abermals durch Erdbeben angerichtet. Im J. 727 warf ein solches die

58) Lenoir, Archit, monast. 1, 265. No. 173. phan. Contin. in Theophilo c. 9. Historia imaginum restituta 2, 11.

59) Theo60) Vergl. Spanhemii 61) Zonaras 15, 12.

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